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Dienstag, 10. November 2020

Ist der Mensch eine Schlüsselart in einem ökologischen System?

In dem 20. Jahrhundert begeben sich mehrere Wissenschaftler in die entlegensten Gebiete der Erde, um die komplexen Zusammenhänge verschiedener ökologischen Systeme zu erforschen. Ihre Erkenntnisse liefern Antworten auf die größten Herausforderungen unserer Zeit. Biologen wie Charles Elton, Robert T. Paine, Mary E. Power, Jim Estes, Tony Sinclair und John Terborgh waren Pioniere in der Erforschung bestimmter Tierarten und deren Bedeutung für den Erhalt komplexer ökologischen Systeme. Sie prägten den Begriff der "Keystone species" (Schlüsselart) und wiesen nach, dass schon das Fehlen einer einzigen Tierart eine ganze Artengemeinschaft zerstören kann. Die Rolle der Schlüsselspezies oder Schlüsselarten ist sowohl relevant als auch überraschend: Otter helfen Kelpwäldern zu blühen und unterstützen alles von Lachs bis Adler; Wölfe ermöglichen den Flüssen klar zu bleiben und den Wäldern zu gedeihen; und die bescheidenen Gnus kontrolliert die Anzahl der Bäume, Schmetterlinge, Elefanten und sogar Giraffen auf der Savanne. Basiert auf die Entdeckungen dieser Wissenschaftler, Sean B. Carroll schreibt das Buch "The Serengeti Rules", und setzt diesen Pionieren der Ökologie ein Denkmal.

In der Dokumentation von Nicolas Browns basiert auf dem gleichnamigen Buch von Sean B. Carroll, Jim Estes sagt, dass der Mensch als Homo Sapiens eine Megaschlüsselart geworden ist, was man nicht zu wiedersprechen kann. In ökologischen Systemen hat jede Art ihren Nutzen und eine bestimmte Funktion. Löscht man regional nur eine Tierart aus, wie zum Beispiel den räuberischen Seestern, so zerstört man ein intaktes Geflecht biologischer Kreisläufe eines großen Gebietes. Übrig bleiben beispielsweise im Falle des Seesterns unkontrolliert wachsende Muschelbänke, die schließlich zum Absterben einer Unterwasserflora und -fauna führen. Wenn der Mensch als Schlüsselart betrachtet wird, ist es nicht schwer zu verstehen, wie wichtig die Anzahl und das Verhalten von Menschen in einem bestimmten ökologischen System ist. Das Postulat der Humanökologie lässt uns wissen, was passiert, wenn Menschen auf einer begrenzten Erdfläche, mit begrenzten Naturschätzen, unter bestimmten klimatischen Verhältnissen, mit einer bestimmten Verhaltensweise (definiert durch Kultur, Mentalität und Technologie), mit ein bestimmten Lebensstandard und mit einer bestimmten Umweltqualität, zusammenkommen.

Das Postulat erlaubt eine qualitative Analyse über ein bestimmtes ökologisches System, und die Funktion könnte wie hier unten aussehen, und zwar

        REV = f(s, n, k, b, l, q, t)

wo:
- REV ist der multidimensionale Regionale Ökologische Wert (in Englisch: Regional Ecological Value)
- s - ist die Anzahl der Menschen auf die berücksichtigte Erdfläche;
- n - definiert die berücksichtigten Naturschätze (einschließlich der biologischen Umwelt, d. h. Tiere und Pflanzen);
- k - definiert die Klimaverhältnisse;
- b - definiert die Verhaltensweise der Menschen auf die o. a. Erdfläche;
- l - definiert der Lebensstandard;
- q - definiert die Umweltqualität;
- t - ein Datum als Zeitstempel.

Um eine Homogenität zu bekommen, sollte man REV für Erdflächen mit ähnlichen klimatischen Verhältnissen usw. berücksichtigen. Das heißt, man kann z. B. nicht direkt ein REV für Kanada darstellen, sondern nur für Teilen von Kanada. Und es ist gut so! Nur so kann man schätzen, welcher Einfluss ein bestimmtes ökologisches System auf die Gesamtheit haben könnte. In dieser Analyse sollte man auch die Stabilität der kosmischen Umgebung nicht aus der Acht lassen.

Der Verlust von Spitzenraubtieren auf der ganzen Welt hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Natur. Es gibt Kaskadeneffekte nach dem Verschwinden von Spitzenraubtieren. Diese „Top-Down-Zwänge“ (Ursachen für die Variabilität) haben unerwartete Auswirkungen, wie z. B. Zunahme von Krankheiten, Waldbrände, Verluste bei der Kohlenstoffbindung, Auftreten invasiver Arten und Störung biogeochemischer Kreisläufe. In den 4,5 Milliarden Jahren seines Bestehens hat unser Planet mehrere Massensterben erlebt, mit einem enormen Verlust an biologischer Vielfalt, gefolgt von neuartigen Veränderungen. Wir befinden uns jetzt im frühen bis mittleres Stadium eines sechsten Massensterbens. Und wie wir heute schätzen, der Mensch als Schlüsselart hat dieses jüngste Aussterben, mit Absicht oder ohne Absicht, größtenteils beeinflusst. Dieser Aussterbenprozess wird durch die Entfernung von Spitzenraubtieren gestartet. Dieses Aussterben könnte die tiefgreifendste Auswirkung der Menschheit auf die natürliche Welt sein. Das Aussterben bedeutet offensichtlich ein dauerhaftes Verschwinden dieser Tiere, was wiederum häufig einen Welleneffekt hat und viele andere Veränderungen im gesamten ökologischen System verursacht. Diese weit verbreiteten Veränderungen werden von Wissenschaftlern als "trophische Kaskaden" bezeichnet. Einige der Endergebnisse von "trophischen Kaskaden" sind: Brände, Krankheiten, Klimawandel, Verlust von Lebensräumen und Umweltverschmutzung. Die Rolle der Spezies Homo Sapiens in allen diesen Entwicklungen ist nicht mehr zu vernachlässigen. Die Humanökologie und die Sozioökologie als interdisziplinären Wissenschaften können uns helfen, die Zusammenhängen zwischen dem Schlüsselart Mensch und seiner natürlichen Umgebung besser zu verstehen, um die Nachhaltigkeit der ökologischen Systemen zu sichern.

Ergänzende Webographie:

  1. Carroll, Sean B. - The Serengeti Rules: The Quest to Discover How Life Works and Why It Matters - With a new Q&A with the author -   Scribd
  2. Center for Biological Diversity - Halting the extinction crisis
  3. Eisner, K. - Stunning doc explains how ecosystems are governed by The Serengeti Rules - Straight
  4. Film - The Serengeti Rules – Die Macht des Gleichgewichts
  5. Estes, J. A., Terborgh, J., Brashares, J. S., Power, M. E., Berger, J., Bond, W. J., Carpenter, S. R., Essington, T. E., Holt, R. D., Jackson, J. B. C., Marquis, R, J., Oksanen, L., Oksanen, T., Paine, R. T., Pikitch, E. K., Ripple, W. J., Sandin, S. A., Scheffer, M., Schoener, T. W., Shurin, J. B., Sinclair, A. R. E., Soulé, M. E., Virtanen, R., Wardle, D. A. - Trophic Downgrading of Planet Earth - Science
  6. Robert T. Paine - Keystone Species Hypothesis - Research Gate
  7. Saltre, F., Bradshaw, C. J. A., - Are We Really in a 6th Mass Extinction? Here's The Science - Science Alert 
  8. Satvanyi, E. - Das Postulat der Humanökologie - Satvanyi`s Homepage
  9. Satvanyi, E. - The Postulate of Human Ecology - Academia.edu
  10. Stony Brook University - Loss of top animal predators has massive ecological effects - Science Daily
  11. Fischman, K. - Trophic Downgrading or Where Have All the Predators Gone? - Ancient Pathways to a Sustainable Future
  12. Kolbert, E. - Will Humans Survive the Sixth Great Extinction? Species are disappearing at an alarming rate, a new study finds. - National Geographic
  13. Greshko, M. and National Geographic Staff - What are mass extinctions, and what causes them? - National Geographic
  14. Wallach, A. D., Dekker, A. H., Lurgi, M., Montoya, J. M., Fordham, D. A., Ritchie, E. G.  - Trophic cascades in 3D: network analysis reveals howapex predators structure ecosystems - Methods in Ecology and Evolution
  15. Wikipedia - Socioecology
  16. Wikipedia - The Serengeti Rules
  17. Wikipedia - Trophic cascade 
  18. Woodward, A., - 18 signs we're in the middle of a 6th mass extinction - Business Insider