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Dienstag, 29. Dezember 2020

Welche sind die zwei Säulen der sozialen Marktwirtschaft?

 Laut Wikipedia die soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild mit dem Ziel "auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden" (siehe: Alfred Müller-Armack: Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik. Bern, 1976). Seit den 1950er Jahren hat sich der Begriff soziale Marktwirtschaft auch als Bezeichnung für die reale Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland eingebürgert (siehe: Hans-Rudolf Peters: Wirtschaftspolitik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2000). Die Wirtschaftspolitik der verschiedenen Bundesregierungen orientierte sich allerdings in der Praxis an wechselnden politischen Zielvorstellungen. Später mit der Weiterentwicklung der Europäischen Union in Art. 3 Abs. 3 EU-Vertrag heißt es im Zusammenhang mit dem Europäischen Binnenmarkt, die Europäische Union wirke „auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz […] hin“. Diese Formulierung wurde erstmals 2004 in Art. I-2 Abs. 3 des EU-Verfassungsvertrags eingeführt und nach dessen Scheitern in den Vertrag von Lissabon übernommen, der 2009 in Kraft trat. Daneben wird die Wirtschaftsordnung der EU im AEU-Vertrag auch mehrmals als "offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb" bezeichnet, etwa in Art. 119 AEU-Vertrag, wo die Wirtschafts- und Währungspolitik der EU auf diesen Grundsatz verpflichtet wird. Diese Formulierung wurde bereits mit dem Vertrag von Maastricht 1992 in das Vertragswesen aufgenommen.

Wenn man besser hinkuckt, die aktuelle Definition der sozialen Markwirtschaft läßt leider aus der Acht die zwei Säulen, auf der die soziale Marktwirtschaft sich unterstützt, und zwar die Demokratie und Energie. Die soziale Marktwirtschaft kann nicht ohne Demokratie und eine entsprechende Produktion von Energie existieren.

Wenn man bis jetzt die akzeptierte Definition der Demokratie und die vorhandene Produktion von Energie die Existenz der sozialen Markwirtschaft unterstützt haben, die technologische Entwicklung hat neue Ansprüche erhoben, die die Gesellschaft herausfordern.

1. Die Demokratie, als die 1.Säule der sozialen Markwirtschaft, muss schnellstmöglich Antworten aus den folgenden Fragen finden, und zwar

  • - Wie sollte man die sozialen Medien vernünftig in der tägliche politische Tätigkeit zukunftsfähig einbinden? Welche Rolle spielen hier Großen, wie Facebook, Google, Twiter usw., als die globalen "Spieler", auf den kleinen lokalen politischen Märkten? Ähnliche Fragen stellen sich für den Umgang mit den Alternativen Medien. In diesem Zusammenhang sollte man sowohl die Ignoranz als auch Agnoranz bestimmter sozialen Schichten in Betracht ziehen.

  • - Wie sollte man mit Begriffen wie Propaganda, Desinformation, Fake News, Infodemie usw. umgehen? Wieviel Transparenz darf/kann sich die Politik leisten, und wieviel Transparenz brauchen/akzeptieren die Wähler?

  • - Wie sollte man mit der Migration, die außerhalb der EU kommt, umgehen? Welche Konsequenzen zieht man aus der Ausagen des Postulats der Humanökologie?
  • - Wie sollte man die gegensätzlichen Interessen von Staaten, einschließlich Religionen, - auf internationale Ebene, - und von Bevölkerungsgruppen, - auf nationale Ebene, - ohne Krieg lösen? Die Antworten auf diese Fragen sind überlebenswichtig für die Menschheit in dem 21. Jahrhundert. Die Verwandlung der unipolaren Welt von Heute in einer multipolaren Welt in der Zukunft könnte sehr gefährlich sein.

Das nicht beantworten auf alle hier oben aufgelisteten Fragen könnte die Demokratie in einer Idiokratie umwandeln, mit verheerenden Konsequenzen für die weitere Entwicklung der Gesellschaft.

2. Die 2. Säule der sozialen Marktwirtschaft ist die Energieerzeugung, da ohne eine entsprechende Menge von Energie eine Wirtschaft, wie die deutsche Wirtschaft, nicht überleben würde. In der Energieerzeugung sind nachhaltige Lösungen notwendig und nachhaltig bedeutet nicht unbedingt erneuerbare Energien. Aus der Sicht von heute muss man sich fragen, wie will man die Braunkohle (23%) bis 2038 und die Kernenergie (12%) bis 2022 ersetzen?! Darf man nicht unter dem Druck von grünen Träumen die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft in Gefahr bringen. Man muss immer auf die Unvorstellbaren bereit sein. Wer hätte sich in 2019 vorgestellt, dass Ende 2020 Europa wegen einer Pandemie in einem Lockdown sich befindet?!

Alle diese Fragen sind mehr oder weniger auch für anderen Staaten der Europäischen Union gültig, die die soziale Marktwirtschaft weiter zu entwickeln streben. Nicht zu vergessen ist, dass, die Menschheit am Anfang des 6. Kondratieffzykluses, d.h. vor einer schöpferischen Disruption, sich befindet, was die Entwicklung der Gesellschaft grundsätzlich ändern wird. Alles was wir heute über die Welt wissen, übermorgen könnte nicht mehr gültig sein!

Ergänzende Webographie:

  1. BMWi - Wohlstand für alle: Wirtschaftliche Dynamik und sozialen Ausgleich verbinden
  2. Bundesnetzagentur
  3. INSM - Handelspolitik: Welche Strategie brauchen Deutschland und Europa?
  4. Makronom - Der 6. Kondratieff – oder: Die schöpferische Kraft der Disruption
  5. Nachrichtenquellen
  6. Satvanyi, E. - Das Postulat der Humanökologie - Satvanyi`s Homepage 
  7. Satvanyi, E. - The Postulate of Human Ecology - Academia.edu
  8. Wikipedia - Soziale Marktwirtschaft
  9. Woxikon - Soziale Marktwirtschaft

Dienstag, 10. November 2020

Ist der Mensch eine Schlüsselart in einem ökologischen System?

In dem 20. Jahrhundert begeben sich mehrere Wissenschaftler in die entlegensten Gebiete der Erde, um die komplexen Zusammenhänge verschiedener ökologischen Systeme zu erforschen. Ihre Erkenntnisse liefern Antworten auf die größten Herausforderungen unserer Zeit. Biologen wie Charles Elton, Robert T. Paine, Mary E. Power, Jim Estes, Tony Sinclair und John Terborgh waren Pioniere in der Erforschung bestimmter Tierarten und deren Bedeutung für den Erhalt komplexer ökologischen Systeme. Sie prägten den Begriff der "Keystone species" (Schlüsselart) und wiesen nach, dass schon das Fehlen einer einzigen Tierart eine ganze Artengemeinschaft zerstören kann. Die Rolle der Schlüsselspezies oder Schlüsselarten ist sowohl relevant als auch überraschend: Otter helfen Kelpwäldern zu blühen und unterstützen alles von Lachs bis Adler; Wölfe ermöglichen den Flüssen klar zu bleiben und den Wäldern zu gedeihen; und die bescheidenen Gnus kontrolliert die Anzahl der Bäume, Schmetterlinge, Elefanten und sogar Giraffen auf der Savanne. Basiert auf die Entdeckungen dieser Wissenschaftler, Sean B. Carroll schreibt das Buch "The Serengeti Rules", und setzt diesen Pionieren der Ökologie ein Denkmal.

In der Dokumentation von Nicolas Browns basiert auf dem gleichnamigen Buch von Sean B. Carroll, Jim Estes sagt, dass der Mensch als Homo Sapiens eine Megaschlüsselart geworden ist, was man nicht zu wiedersprechen kann. In ökologischen Systemen hat jede Art ihren Nutzen und eine bestimmte Funktion. Löscht man regional nur eine Tierart aus, wie zum Beispiel den räuberischen Seestern, so zerstört man ein intaktes Geflecht biologischer Kreisläufe eines großen Gebietes. Übrig bleiben beispielsweise im Falle des Seesterns unkontrolliert wachsende Muschelbänke, die schließlich zum Absterben einer Unterwasserflora und -fauna führen. Wenn der Mensch als Schlüsselart betrachtet wird, ist es nicht schwer zu verstehen, wie wichtig die Anzahl und das Verhalten von Menschen in einem bestimmten ökologischen System ist. Das Postulat der Humanökologie lässt uns wissen, was passiert, wenn Menschen auf einer begrenzten Erdfläche, mit begrenzten Naturschätzen, unter bestimmten klimatischen Verhältnissen, mit einer bestimmten Verhaltensweise (definiert durch Kultur, Mentalität und Technologie), mit ein bestimmten Lebensstandard und mit einer bestimmten Umweltqualität, zusammenkommen.

Das Postulat erlaubt eine qualitative Analyse über ein bestimmtes ökologisches System, und die Funktion könnte wie hier unten aussehen, und zwar

        REV = f(s, n, k, b, l, q, t)

wo:
- REV ist der multidimensionale Regionale Ökologische Wert (in Englisch: Regional Ecological Value)
- s - ist die Anzahl der Menschen auf die berücksichtigte Erdfläche;
- n - definiert die berücksichtigten Naturschätze (einschließlich der biologischen Umwelt, d. h. Tiere und Pflanzen);
- k - definiert die Klimaverhältnisse;
- b - definiert die Verhaltensweise der Menschen auf die o. a. Erdfläche;
- l - definiert der Lebensstandard;
- q - definiert die Umweltqualität;
- t - ein Datum als Zeitstempel.

Um eine Homogenität zu bekommen, sollte man REV für Erdflächen mit ähnlichen klimatischen Verhältnissen usw. berücksichtigen. Das heißt, man kann z. B. nicht direkt ein REV für Kanada darstellen, sondern nur für Teilen von Kanada. Und es ist gut so! Nur so kann man schätzen, welcher Einfluss ein bestimmtes ökologisches System auf die Gesamtheit haben könnte. In dieser Analyse sollte man auch die Stabilität der kosmischen Umgebung nicht aus der Acht lassen.

Der Verlust von Spitzenraubtieren auf der ganzen Welt hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Natur. Es gibt Kaskadeneffekte nach dem Verschwinden von Spitzenraubtieren. Diese „Top-Down-Zwänge“ (Ursachen für die Variabilität) haben unerwartete Auswirkungen, wie z. B. Zunahme von Krankheiten, Waldbrände, Verluste bei der Kohlenstoffbindung, Auftreten invasiver Arten und Störung biogeochemischer Kreisläufe. In den 4,5 Milliarden Jahren seines Bestehens hat unser Planet mehrere Massensterben erlebt, mit einem enormen Verlust an biologischer Vielfalt, gefolgt von neuartigen Veränderungen. Wir befinden uns jetzt im frühen bis mittleres Stadium eines sechsten Massensterbens. Und wie wir heute schätzen, der Mensch als Schlüsselart hat dieses jüngste Aussterben, mit Absicht oder ohne Absicht, größtenteils beeinflusst. Dieser Aussterbenprozess wird durch die Entfernung von Spitzenraubtieren gestartet. Dieses Aussterben könnte die tiefgreifendste Auswirkung der Menschheit auf die natürliche Welt sein. Das Aussterben bedeutet offensichtlich ein dauerhaftes Verschwinden dieser Tiere, was wiederum häufig einen Welleneffekt hat und viele andere Veränderungen im gesamten ökologischen System verursacht. Diese weit verbreiteten Veränderungen werden von Wissenschaftlern als "trophische Kaskaden" bezeichnet. Einige der Endergebnisse von "trophischen Kaskaden" sind: Brände, Krankheiten, Klimawandel, Verlust von Lebensräumen und Umweltverschmutzung. Die Rolle der Spezies Homo Sapiens in allen diesen Entwicklungen ist nicht mehr zu vernachlässigen. Die Humanökologie und die Sozioökologie als interdisziplinären Wissenschaften können uns helfen, die Zusammenhängen zwischen dem Schlüsselart Mensch und seiner natürlichen Umgebung besser zu verstehen, um die Nachhaltigkeit der ökologischen Systemen zu sichern.

Ergänzende Webographie:

  1. Carroll, Sean B. - The Serengeti Rules: The Quest to Discover How Life Works and Why It Matters - With a new Q&A with the author -   Scribd
  2. Center for Biological Diversity - Halting the extinction crisis
  3. Eisner, K. - Stunning doc explains how ecosystems are governed by The Serengeti Rules - Straight
  4. Film - The Serengeti Rules – Die Macht des Gleichgewichts
  5. Estes, J. A., Terborgh, J., Brashares, J. S., Power, M. E., Berger, J., Bond, W. J., Carpenter, S. R., Essington, T. E., Holt, R. D., Jackson, J. B. C., Marquis, R, J., Oksanen, L., Oksanen, T., Paine, R. T., Pikitch, E. K., Ripple, W. J., Sandin, S. A., Scheffer, M., Schoener, T. W., Shurin, J. B., Sinclair, A. R. E., Soulé, M. E., Virtanen, R., Wardle, D. A. - Trophic Downgrading of Planet Earth - Science
  6. Robert T. Paine - Keystone Species Hypothesis - Research Gate
  7. Saltre, F., Bradshaw, C. J. A., - Are We Really in a 6th Mass Extinction? Here's The Science - Science Alert 
  8. Satvanyi, E. - Das Postulat der Humanökologie - Satvanyi`s Homepage
  9. Satvanyi, E. - The Postulate of Human Ecology - Academia.edu
  10. Stony Brook University - Loss of top animal predators has massive ecological effects - Science Daily
  11. Fischman, K. - Trophic Downgrading or Where Have All the Predators Gone? - Ancient Pathways to a Sustainable Future
  12. Kolbert, E. - Will Humans Survive the Sixth Great Extinction? Species are disappearing at an alarming rate, a new study finds. - National Geographic
  13. Greshko, M. and National Geographic Staff - What are mass extinctions, and what causes them? - National Geographic
  14. Wallach, A. D., Dekker, A. H., Lurgi, M., Montoya, J. M., Fordham, D. A., Ritchie, E. G.  - Trophic cascades in 3D: network analysis reveals howapex predators structure ecosystems - Methods in Ecology and Evolution
  15. Wikipedia - Socioecology
  16. Wikipedia - The Serengeti Rules
  17. Wikipedia - Trophic cascade 
  18. Woodward, A., - 18 signs we're in the middle of a 6th mass extinction - Business Insider